Obstkuchen anno 1978

Vielleicht habt Ihr es schon bemerkt, Essen ist eines der Themen, über die ich mich stundenlang unterhalten könnte.

Surprise!

Nee, keine Überraschung, ich weiß.

Wäre ja auch irgendwie komisch, wenn man so viele Jahre ausgerechnet über ein Thema schreibt, das einen im Grunde nicht interessiert.

Auch bei den Blogs, die ich selbst lese - und es sind sträflich wenige, wie ich gestehen muss - suche ich gerne die aus, die eine Geschichte erzählen. Vorzugsweise rund um mein Lieblingsthema Essen.

Ole vom grandiosen Blog Nimmersatt ist so ein Erzähler nahrhafter Geschichten.

Noch besser: Ole beherrscht die große Kunst des intelligenten, humorvollen Textens.

Ich freue mich extrem, dass Ole Gastgeber des neuen Events bei Zorra vom Kochtopf ist.

Er wünscht sich nicht nur ein Rezept, sondern nach Möglichkeit auch die Geschichte(n) dahinter.

Essen voller Erinnerungen ist das Thema.

Blog-Event CXCV - Essen voller Erinnerungen (Einsendeschluss 15. April 2023)

Das dürfen Rezepte sein, auf die man gerne zurück blickt oder zu  denen es schlicht etwas zu erzählen gibt. Das Thema mag ich sehr!

Falls Ihr wie ich ein Kind der 70er und 80er seid, kennt Ihr ihn mit Sicherheit auch noch vom Sonntagskaffee mit der Familie: Den belegten Obstkuchen! Dosenobst, mal mehr, mal weniger schön in Muster gelegt, auf Biskuit oder Rührboden, mit einer glänzend-glibbrigen Tortenguß-Schicht. Die fand ich als Kind übrigens am leckersten.

Eigentlich eine wunderbare Sache, die aber irgendwie über die Jahre von fancy Rezepten verdrängt wurde.

Ich gebe dem heute, Dank Oles thematischen Schubs in Richtung Nostalgie, eine neue Bühne.

Für den Kuchen hab ich heute nach Jahren das erste Mal wieder Dosenobst gekauft. Halt, stimmt nicht, Ananas kaufe ich ab und zu. Für (Tusch!) Toast Hawaii muss das einfach sein. Huiiii, und irgendwann, Mitte der 70er kamen dann Kiwis auf den Mark und wurden als Kontrast und der Sensation wegen natürlich auch mit auf den Kuchen gepackt. Klar, dass ich das heute auch so halte. Ja, so alt sind wir. Ich zeige hier nicht umsonst einen 70er-Jahre-Kuchen! Paßt bloß auf, demnächst komme ich mit einem Mettigel und Käsespießchen ums Eck!

Für den Teig:

100g weiche Butter weich + etwas mehr fürs Blech

100g Zucker

1 Päckchen Vanillinzucker

3 Eier

200g Weizenmehl Type 405

1 Päckchen Backpulver

ca. 50ml Milch  für den Teig

Für den Belag:

1 Packung Vanillepudding

1/2 Liter Milch

4 EL Zucker

1 EL weiche Butter

Dosenobst, Bananen und Kiwi nach Wahl

1 Päckchen Tortenguß


  • Backform gut ausbuttern
  • Backofen auf 175° Ober-/Unterhitze vorheizen
  • Butter und Zucker und Vanillezucker schaumig schlagen
  • Eier nach und nach unterrühren
  • Mehl mit Backpulver mischen, dann zufügen und im Wechsel mit der Milch unterrühren
  • Teig in die vorbereitete Form geben und glattstreichen
  • auf mittlerer Schiene ca. 20 Minuten hellbraun backen - eventuell Stäbchenprobe machen

Es war übrigens an der Kaffeetafel streng verboten, nur den Kuchenbelag zu essen. Der Kuchenboden nebst Rand war Pflicht. Auch, wenn der bei vielen Tanten und Anverwandten manchmal pupstrockenen oder steinhart war.

Da mußte man als Kind durch.

Dafür wurden die obligatorischen Kuchenteller, die bei uns auf dem Land traditionell nach Konfirmationen und Hochzeiten im halben Dorf verteilt wurden, obligatorisch von meiner Mutter entsorgt. Bis heute isst sie nichts aus Küchen, bei denen sie sich nicht ganz sicher ist, wie es darin wohl ausschaut. Selbst haben wir natürlich auch verteilt. Kennt Ihr das mit den Kuchentellern, die ausgetragen wurden, oder ist das nur eine Eigenart aus meiner schwäbischen Heimat?

Zu meiner Konfirmation wurden gut 50 Kuchen und Torten selbst gebacken und teils dazu gekauft, um sie natürlich zur Kaffeetafel den Gästen zu servieren und um nachher auch noch genug zum Verteilen zu haben.

Boah, war das ein Spaß, wenn man die fein gerichteten und penibel abgezählten Kuchenpakete als Teenie dann abgeben und sich fürs zuvor erhaltene Konfirmationsgeschenk bedanken mußte. So ein Spaß. Nicht.

 

Jetzt aber zurück zum Kuchen:

  • mittlerweile Vanillepudding mit 2 EL vom Zucker und der Milch nach Packungsanweisung kochen und abkühlen lassen

Jetzt wird´s hart: Wir brauchen nur 2-3 EL vom erkalteten Pudding. Den Rest muß man dann leider so essen.... Arges Schickal!

  • fertigen Kuchenboden auf ein Gitter stürzen und vollständig abkühlen lassen
  • 1 EL weiche Butter schaumig rühren, 2 EL Pudding nach und nach unterrühren
  • Buttercreme auf dem Kuchenboden verteilen
  • Obst abtropfen und in Mustern auf dem Boden verteilen
  • Tortenguß nach Anleitung zubereiten und auf dem Obst verteilen

Wenn´s ganz besonders hübsch sein sollte, wurden schon auch mal Sahnerosetten aufgespritzt, meistens kam aber einfach eine Schüssel Sahne auf den Tisch und jeder nahm sich, soviel er wollte.

Diesen altmodischen kleinen Obstkuchen gab es zum Kaffee mit meiner Mama, die mittlerweile auf die 85 zu geht. Gut war er! Vielen Dank für den netten Anstoß, lieber Ole! Danke fürs großartige Event, liebe Zorra!

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Kommentare: 9
  • #1

    Ole (Dienstag, 04 April 2023 21:25)

    Heidimarokko. Du tust was für meine Durchblutung. Bei derart überschwänglichen Lobhudeleien werd' ich ganz verlegen. :D Tausend Dank! Auch und insbesondere dafür, dass Du dabei bist - und dann noch mit so nem grandiosen Klassikermopped!

    Und 50 Kuchen zu Deiner Konfirmation??? Wie viele Leute haben denn da mitgefeiert? Und wie viel Kuchen isst man in Schwaben so pro Kopf und Feier? :D

    Teller austragen kenn ich tatsächlich nicht - aber den Impuls, nur den Dosenobstbelag zu futtern. Das aber vor allem dann, wenn das Zeugs auf einen gekauften Bisquit-Industrieboden gekippt wurde, bei dem ich Hustenimpulse unterdrücken musste, weil er vor Trockenheit staubte. Im Gegensatz zu Deinem Traumboden.

    Ich hab unlängst in ner Grabbel-Tauschkiste vor meinem Büchergeschäft ein "Kochbuch für den Mann" aus den 1980ern mitgenommen (Trick: einfach Dosensuppe kochen, aber Schnaps reinkippen, ist der Grundtenor). Daraus will ich zumindest berichten. Ob ich mich ans Grauen traue, auch selbstkochend? Ich weiß noch nicht. Aber Dein 1978er Teil hier ist grandios. Sowas mach ich auch mal. Im Gegensatz zu irrwitzigen Anwandlungen damals, alles in Berge von Gelatine oder Aspik zu versenken. :D

  • #2

    Poupou (Mittwoch, 05 April 2023 08:47)

    Dieser Post erzählt aus meinem Leben… genau so war es… Danke und liebe Grüße!
    Poupou

  • #3

    Gabi (Mittwoch, 05 April 2023 09:24)

    Hach ja, den kenne ich (und habe immer den Guss abgekratzt, weil ich das Glibberzeugs nicht mag)... Aber dass du die Obstkuchenform noch hast, sag ehrlich: Wie oft benutzt du die? Genau. Meine ist beim Umzug "verloren gegangen"...

  • #4

    Cornelia (Mittwoch, 05 April 2023 09:35)

    Da ich auch aus dem Schwäbischen stamme, kenne ich das mit den verteilten Kuchentellern nach der Konfirmation natürlich auch! Mein Mann stammt aus Nordhessen, da war das aber auch anscheinend Brauch.

    Ich habe als Kind ebenfalls unzählige Obstkuchen belegt, die Tortengussschicht gleichmässig zu verteilen war schon eine Kunst! Als ich dann in die weite Welt zog, war ich ganz verblüfft, gab es Länder, in denen man Tortenguss nicht kennt ;-).

    LG aus dem Zürcher Oberland
    Cornelia

  • #5

    Regina (Mittwoch, 05 April 2023 10:29)

    Oh, der Obstkuchen. Ja, an den erinnere ich mich auch noch! Ich schmecke ihn direkt auf der Zunge. Sobald ein anderer Kuchen im Angebot war, wählte ich diesen. Die Dosenfrüchte fand ich schon damals eine heftige Herausforderung für meine Geschmacksnerven.

  • #6

    El-Fee (Donnerstag, 06 April 2023 19:12)

    Moin,
    nenn mich altmodisch, aber so einen Obstkuchen backe ich jederzeit immer noch gern! Immer mit Bisquit-Teig. Allerdings nie mit der Buttercreme, sondern nur mit Puddingschicht oder auch mal ohne. Und besonders beliebt sind Schattenmorellen aus dem Glas oder TK-Himbeeren, allein oder auch zusammen mit Bananen oder Ananas aus der Dose. Mandarinen kommen mir aber ums Verrecken nicht drauf, seit ich vor x Jahren in der "Sendung mit der Maus" gesehen habe, wie die vorbehandelt werden. Und mit den Obstsorten kann man soooo tolle Muster legen!
    Ich kenne die Sitte mit den zuzustellenden Kuchentellern nicht (Norddeutschland), aber bedanken musste natürlich trotzdem sein. (Macht ohne Kuchen aber auch keinen Spaß!)

  • #7

    Sarah von Kinder, kommt essen! (Donnerstag, 20 April 2023 16:51)

    Da oute ich mich auch direkt mal und bekenne mich schuldig:
    Ich bin ein Kind aus den 80ern und ich liiiiiiiebe diesen Obstkuchen (mit Pudding und viel Tortenguss). Hach, was für Erinnerungen. Danke dafür!
    LG, Sarah

  • #8

    Jesse-Gabriel (Freitag, 21 April 2023 02:08)

    Mai 1980 geboren, Kuchen meiner Kindheit, ich habe ihn geliebt, ob mit frischen Erdbeeren im Sommer oder alle andren Jahreszeit auch mit Obst aus der Dose, Pfirsichen oder Mandarinen.
    Kuchen wo es schwer fällt aufzuhören zu essen.
    Meine Mama hat den Boden aber immer fertig gekauft, sie war keine gute Bäckerin.
    Liebe Grüße sendet,
    Jesse-Gabriel

  • #9

    zorra vom kochtopf (Mittwoch, 03 Mai 2023 11:12)

    Ohja, an diese Kuchen erinnere ich mich und den Glibber fand ich, im Gegensatz zu dir, ganz wäähki. ;-)