Wie mich einmal der morgentliche Irrsinn packte, oder: Es gibt Biscuits, Baby!

Biscuits mit Butter und Honig

Also, die Sache ist nun die: Bei koffeinhaltigen Getränken habe ich Konstitution und Zurückhaltung, grob geschätzt, eines Vierjährigen.

 

Soll heißen, ich vertrag das Zeug nicht gut und kann danach nicht schlafen, kann es aber irgenwie nicht lassen. Was ich weiß.

In der Konsequenz trinke ich Kaffee und Cola nie nach sechzehn Uhr. Also nie. Never ever.

Ausser an den Tagen, an denen ich mir bis spät abends eisgekühlte Cola und Käffchen gönne.

Weil ich blöd bin.

 

So geschehen vorgestern.

Weil ich, wie gesagt, blöd bin.

Und in gerader Folge daraus weiß ich nun, dass unsere Discounter zwar um 7 Uhr öffnen, die Mitarbeiter aber doch etwas erstaunt reagieren, wenn man schon fünf Minuten vorher vor der Tür steht und nervös mit dem Fuß tippelt.

Wollt ich nur sagen. Isso.

Und dann gibt es Biscuits. Noch so eine Tatsache.

Aber von Anfang an: Cola, Espresso, so weit, so klar.

Dann konnte ich nicht wirklich schlafen und habe mitten in der Nacht begonnen, amerikanische Foodmagazine zu lesen - die passende Abo-App macht´s möglich.

Gegen drei Uhr war mir klar, ich muss unbedingt mal Biscuits - The Southern Classic nach Laura Deen backen. Übrigens ein Grundnahrungsmittel, ohne das keine Familie in Alabama morgens auf Trab kommt. Sagt Laura Deen. Nette Frau. Kocht viel. Bäckt noch mehr. Trägt auf ihrer Plantage bestimmt weiße, rüschige Gewänder mit Reifrock, während sie auf die Rückkehr von Big Daddy wartet.

Das könnte allerdings meinem Schlafmangel geschuldet sein. Jedenfalls weiß ich gar nicht, wie ich bisher ohne Frühstücksbiscuits ausgekommen bin.

Kurz nach drei stand fest: Ich back jetzt! Um halb vier hatte ich endlich meine lustigen Messlöffel wieder gefunden, ohne die Amerikaner anscheinend nicht backen können.

Zwanzig vor vier war alles soweit in der Schüssel, ausser Backpulver. Ja, ich hatte Backnatron und Buttermilch da, aber kein Backpulver.

Aber ich habe eine Mutter. Selbes Haus, andere Wohnung. In der Morgendämmerung steh ich also in der Kücher meiner Mutter und krame im Vorratsschrank herum. Interessant, was man da alles findet. Allerdings kein Backpulver.

Ca. 30 Sekunden später steht meine Mutter hinter mir. Die Frau, 82 Jahre alt, die zwei Hörgeräte trägt und trotzdem nix hört. Aber wenn ich zart wie eine Elfe die Treppe hoch schwebe und quasi einbreche, steht sie hinter mir und erschreckt mich zu Tode. Interessanterweise wundert sie sich kein Bisschen. Wahrscheinlich, weil sie seit langer, langer Zeit seltsame Kinder hat.

Kinder hat sie. Sogar Enkel und Urenkel.

Aber kein Backpulver.

Dafür bietet sie mir großzügig Hefe an.

Ja, jetzt! Vor zwei Monaten war Hefe noch Mangelware, jetzt wird sie einem im Morgengrauen aufgedrängt, damit man endlich wieder abschiebt und Ruhe gibt! (Übrigens: Hier das Beweisbild von wegen Morgengrauen!)

Langer Rede, kurzer Sinn: Discountermitarbeiter sind manches gewöhnt, aber mittelalte, zerzauste Rothaarige, die zwei Minuten nach sieben glücklich mit einem Zehnerpäckchen Backpulver am Horizont verschwinden, haben sie auch nicht so oft.

Und jetzt backen wir endlich der Südstaatfrau einzig wahre Berufung: Flaky Buttermilk Biscuits!

Weil es ein amerikanisches Rezept ist, hab ich die Mengenangaben mit Cups und Spoons angegeben: 

 

3 1/2 Cups Weizenmehl 405 + etwas mehr für die Arbeitsfläche

1 Tbsp Zucker

1/2 Tbsp Salz

1 Tbsp Backpulver (Tadaaaa!)

1/2 Tsp Backnatron

1 1/4 Cups kalte Butter in Würfeln (wie man Butterwürfel maßgenau in Tassen bekommt, muss mir noch einer erklären....)

1 Cup kalte Buttermilch

An die Mengeneinheiten muß ich mich jedes Mal wieder neu gewöhnen.

Irgendwie ist mir unverständlich, warum man ein Raummaß als Größeneinheit nutzt, liefert es ja je nach Konsistenz des gemessenen Materials verschiedene Ergebnisse. Aber hey, andere Länder, andere Sitten und da es seit ein paar Jahren nun auch bei uns für wenig Geld Cupsets zu kaufen gibt, sprich, ich mich nicht länger mit Tabellen und Dreisatz rumschlagen muß, tja, who cares? Weiter im Text!


Nachdem die Zutatenakquisition nun etwas beschwerlich war, ist die Zubereitung erfreulich simpel:

  • Backofen auf 200° Umluft vorheizen
  • Butterwürfel dazu geben und mit den Fingern erst etwas einkneten, dann zu einem streuseligen Teig reiben -NICHT KNETEN! Der Teig soll flockig bleiben
  • Buttermilch dazu geben und wieder mit den Händen einarbeiten, gewollt ist ein "shaggy" Teig, also ein unregelmäßiger, öh... nicht geschmeidiger... krumpeliger... egal, guckt das Bild an!
  • Teig nun auf bemehlter Fläche zu einem Rechteck von ca. 20 auf 30cm drücken oder rollen
  • Teig vierteln und die Viertel aufeinander stapeln
  • wieder ausrollen, wieder vierteln - insgesamt soll viermal gerollt und geviertelt werden
  • Teig dann auf neu bemehlter Fläche etwa 2 cm dick ausrollen und zu runden Buns ausstechen, dabei den Ausstecher nicht drehen, die Seiten sollen nachher blättrig aufgehen und nicht zu sehr verkleben
  • Teigreste wieder ausrollen und ausstechen, bis der Teig aufgebraucht ist
  • Buns 10 Minuten in den Tiefkühler legen
  • dann auf einem mit Backpapier belegten Blech 15 Minuten backen
  • etwas abkühlen lassen und lauwarm mit Honig und Butter genießen!

Soweit zu meinem nächtlichen Irrsinnsanfall, gefolgt vom frühmorgentlichen Backen.

Kurz nach acht waren die Biscuits übrigens fertig, was nicht schlecht ist, wenn man bedenkt, dass es in unserem Dorf keinen Discounter gibt und ich zwei Dörfer weiter fahren musste.

Und Schlaf wird eh überschätzt!

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Kommentare: 4
  • #1

    Anne (Sonntag, 26 Juli 2020 15:25)

    Liebe Frau Zimtkringel, nachdem ich schon länger bei Ihnen mitlese, MUSS ich Ihnen einfach mal schreiben. Ihre Texte zu lesen macht einen solchen Spaß, dass ich Ihnen ernsthaft rate, Ihr Talent auf die Bühne zu bringen. Ich kuller mich jedenfalls regelmäßig beim lesen und freu mich immer schon auf den nächsten Beitrag.
    Bleiben Sie bitte weiterhin motiviert zu kochen, zu backen und zu schreiben - und da jetzt die Backpulvervorräte ergänzt sind: schlafen Sie gut!
    Danke für Ihren Blog
    Herzlichst
    Anne

  • #2

    Franziska (Sonntag, 26 Juli 2020 17:13)

    ���

    Eins A Aktion! Während Du nachts zu backen beginnst, spüle ich gerne mal Geschirr oder entstaube Bücher. Auslöser: Rate! �

    Einen feinen Sonntag und liebe Grüße!

  • #3

    Simone von zimtkringel (Sonntag, 26 Juli 2020 23:30)

    Hach, ich freu mich! Herzlichen Dank und liebe Grüße!
    Simone

  • #4

    zorra vom kochtopf (Montag, 27 Juli 2020 09:40)

    Hach Simone, du bist einfach eine Nummer! Das mit dem Discounter kann ich leider hier nicht testen, die öffnen erst um 9 Uhr und da warten immer schon ein paar ausländische Frühaufsteher vor der Türe. In Spanien laufen die Uhren halt wirklich anders.